Nordkap-"Erfahrung"
im V8
von Claus Esser
Der
Tacho des MG-B GT V8 (Damask 1721) zeigte 88.722 Meilen, als Theo
und ich am Abend des 06.Mai 2005 aus dem Rheinland Richtung Norden
starteten. Unser Ziel war es, die nördlichste Spitze unseres
alten Europa, das Nordkap, zu erreichen. Über Bremen, Hamburg
und Flensburg hatten wir gegen 1.00h die Grenze zu Dänemark
erreicht. Über die E45 führte uns der Weg weiter Richtung
Norden, bis wir im Morgengrauen endlich unseren V8 vor dem Leuchtturm
von Hirtshals nach fast 1000 km abstellten. Mit der MS Color Festival
legten wir pünktlich um 10h mit Kurs auf Oslo ab und bei ruhiger
See genossen wir die 8 Stunden Überfahrt, bis wir gegen 18h
im Hafen der norwegischen Hauptstadt anlegten.
am Strand von Hirtshals - Damask 1721 - owned by Theo
Klick
Endlich
hatten wir norwegischen Boden unter den Rädern unseres 31 Jahre
alten V8 und schnell verließen wir über die E6 das Straßenlabyrinth
von Oslo. Mit max. 60 mph ließen wir die ersten Eindrücke
Skandinaviens an uns vorübergleiten, bis wir am Abend auf einem
Campingplatz in Tangen Halt machten. Die oft sehr komfortablen Campingplatzhütten
sind eine gute Alternative zu den einfachen und oft teuren Hotels
an der langen E6. Wir genossen noch eine der wenigen mitgebrachten
Bierdosen (max. 2Liter pro Person!) und so endete der erste Tag
auf skandinavischem Boden. Problemlos erweckten wir den V8 am nächsten
Morgen wieder zum Leben und ungestüm rollten wir vorbei an
der Olympiastadt Lillehammer weiter Richtung Norden. Bei Dombras
begrüßte uns bereits ein leichter Graupelschauer und
über lange Serpentinen schraubte sich die E6 hinauf auf das
1.700 Meter Hochplateau des Dovrefjell. Aus dem Graupelschauer war
ein ausgewachsener Schneesturm geworden und so ging´s in langsamer
Fahrt weiter durch die Winterlandschaft vorbei an Oppdal. Langsam
ließ der Schnee nach und in strahlendem Son-nenschein erreichten
wir am späten Nachmittag Trondheim. Der phantastische Blick
auf den Trondheimsfjord entschädigte für die Fahrt durch
Schnee und Nebel. Bei Steinkjer überquerten wir den 64. Breitengrad
und an den Ufern des Snasavatnet kehrten wir in einem einfachen
Motel ein.
Auf der
vertrauten E6 gings am frühen Morgen weiter. Felsen, Wälder
und Seen wechselten das Landschaftsbild ab und elegant folgte die
Straße den Schwüngen des Nordlandes. Hier war der V8
in seinem Element und mit gut 2.500 U/Min. hing unser alter Eng-länder
kraftvoll am Gas. In zügiger Fahrt fraßen wir Kilometer
um Kilometer. Die Weite und Einsamkeit in der nordischen Vegetation
riefen Erinnerungen an den Alaska Highway wach
aber das ist
eine andere Geschichte.
In Mo-I-Rana
wurde nochmals vollgetankt und langsam näherten wir uns am
späten Nachmittag dem Polarkreis. Die Landschaft ver-schwand
immer mehr unter den weiten Schneefeldern, die um diese Jahreszeit
noch weite Teile Norwegens bedecken. Irgendwo im Nirgendwo tauchte
dann das Polarkreiszentrum auf. Auf 66°33' nördlicher Breite
überfuhren wir in strahlendem Sonnenschein den Polarkreis.
Theo überreichte mir den ultimativen "Arctic-Circle"
Anstecker für meine Clubkappe und weiter ging die Fahrt wieder
hinunter zum schneefreien Skjerstadfjorden. Wieder bot sich eine
gemütliche Hütte in Morsviksbotn als Nachtlager an. Oberhalb
des Polarkreises geht die Sonne um diese Jareszeit schon nicht mehr
wirklich unter und so wechselt nur noch ein endloser Tag den nächsten
ab. Die von Fjorden zerklüftete Landschaft bot wieder 1001
Eindrücke im Wechsel aus Schnee und Eis und endlosen Kiefern-
und Birkenwäldern. Hinter jeder Kurve wartete ein neues Postkartenmotiv
auf uns, das wir ab und an versuchten mit unseren Kameras festzuhalten.
In Bognes endete die E6 am Tysfjord und bei strahlendem Sonnen und
absoluter Windstille setzten wir nach Skarberget über. Wir
erreichten Narvik, jene geschichtsträchtige Hafenstadt, in
der noch heute das Eisenerz aus den Gruben im schwedischen Kiruna
verladen wird. Ab Narvik schwang sich die E6 wieder hinauf auf schneebedeckte
Pässe und das Wetter bot ein Wechselspiel aus Sonne, Schnee
und Regen. Bei freier Bahn und im Rausch der 8 Zylinder aus Abingdon
hatte das alte Fahrwerk oft Mühe, die Leistung auf die teilweise
sehr schlechte Straße zu bringen. Wir ließen Tromso
liegen und vorbei an Nordeisa machten wir am Abend auf einem sehr
einfachen Campingplatz mit traumhaftem Blick auf den Kvaenangsfjord
halt. Entlang des Altafjords gelangten wir mit unserem problemlos
schnurrenden V8 in die Finnmark, die nördlichste Region Norwegens.
Wieder boten sich phantastische Landschaften, die die gewaltigen
Gletscher der letzten Eiszeit geformt und geschliffen haben. Wir
überquerten den 70. Breitengrad und über das Hochplateau
des Sennalandet rauschten wir bei strahlend blauem Himmel im Overdrive
mit fast 80mph durch die weiße Unendlichkeit. Für einen
Besuch in Hammerfest, der nördlichsten Stadt der Welt, verließen
wir kurz die E6
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Damask 1721
at the Polar Circle. (Photo: Theo Klick)
North Cape
Kommune. (Photo: Theo Klick)
"Alaska
Highway". (Photo: Theo Klick)
Theo Klick
and Claus Esser. (Photo: Theo Klick)
und machten
am Abend in Skaidi Station.
Der nächste Morgen sollte uns ans Ziel unserer langen Reise
führen. Bei traumhaftem Wetter und leeren Straßen gestand
Theo mir die Ehre zu, unseren V8 an die nördlichste Spitze
Festland-europas zu lenken. Durch den 200 Meter unter dem Meer liegenden
Tunnel erreichten wir die Insel Mageroy, auf der das Nordkap liegt.
Nach 6 Tagen und gut 3.500km hatten wir gegen Mittag unser Ziel
erreicht und in strahlendem Sonnenschein parkte ich endlich vor
der Granitsäule des modernen Nordkapzentrums unseren perfekt
von Rainer Pfeiffer (an dieser Stelle vielen Dank!) vorbereiteten
"Damask 1721". An der Weltkugel des Nordkaps auf 71°10'21''N
wurde im eisigen Nordwind unser OVFW-Vereinswimpel angebracht und
nur langsam verabschiedeten wir uns vom nördlichsten Punkt
unserer Reise. Nach einem kurzen Abstecher in den idyllischen Fischerort
Honningsvag und einem Besuch beim "American-Car-Club Nordkap"
verließen wir wieder die Insel Mageroy. Ein plötzliches
Ruckeln des V8 stoppte irgendwo in der Einsamkeit unsere Weiterfahrt.
Umringt von ein paar Rentieren war jedoch der Fehler schnell gefunden.
Der Kondensator hatte sich verabschiedet, doch dank Theo´s
gut sortiertem Ersatzleilsortimentes brummten die 8 Zylinder bald
wieder in gewohnter Zuverlässigkeit. Nach
einer weiteren Nacht in Skaidi machten wir einen Umweg über
Karasjok, dem Zentrum der Samen in der Finnmark. Dort wurde kurz
noch die defekte Tankanzeige repariert und über die Landstraße
92 erreichten wir am Nachmittag wieder bei Alta die E6. Nach einer
Nacht in Storslett gings über bekannte Straßen Richtung
Süden, bis wir bei Bjerkvik auf die E10 Richtung Lofoten abbogen.
Mit zügigen 70-80mph kamen wir schnell voran, bis wieder die
Kapriolen des norwegischen Wetters begannen. Bei leichtem Schneetreiben
erreichten wir den Hafen von Melbu auf den Vesteraelen. Nach stürmischer
Überfahrt begrüßten uns die Lofoten mit Schnee und
Graupelschauer. Schnell war die E10 von einer dichten Schneedecke
bedeckt und langsam drifteten wir im V8 auf den nahegelegenen Sildpollnes
Campingplatz, der sich als wahres Kleinod auf den Lofoten entpuppte.
Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter noch mehr verschlechtert
und so war an eine Weiterfahrt nicht zu denken. Erst in der Nacht
zum Montag riß der Himmel langsam auf und die Maisonne taute
langsam die Schneemassen der letzten Tage auf. Über den Hafen
von Svolvaer verließen wir wieder die verschneiten Lofoten
und erreichten nach gut 2 Stunden stürmischer Überfahrt
Skutvik. Vorbei an den traumhaften Fjordlandschaften der Halbinsel
Hamaroy gelangten wir nun endgültig wieder auf die bekannte
E6, die uns zügig Richtung Süden führte. Wir überquerten
wieder den Polarkreis und erreichten in problemloser Fahrt in gut
2 Tagen Oslo. Die Rückreise führte durch Schweden und
über Göteborg und Malmö brummte der V8 sicher über
die lange Oeresundbrücke bis nach Dänemark. Am Abend gings
mit der letzten Fähre über die Vogelfluglinie von Rodby
nach Puttgarden. Nach einer Nacht auf der Insel Fehmarn war der
letzte Tag unserer Nordkaptour gekom-men und über die überfüllte
A1 nahmen wir Kurs auf´s Rheinland. Gegen 16h war endlich
unser Heimatort Wormersdorf am Rande der Eifel in Sicht und nach
13 Tagen und über 7.700 km im MG-B GT V8 endete eine phantastische
Reise an den nördlichsten Punkt unseres Kontinents.
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